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Biografie
  1813 – 1832  Jugend
  1833 – 1842  Theaterpraxis
  1842 – 1849  Dresden
  1849 – 1858  Exil in Zürich
  1858 – 1864  Wanderjahre
  1864 – 1865  München
  1866 – 1870  Exil in Tribschen
  1871 – 1876  Bayreuth
  1877 – 1883  Tod in Venedig

Frauen
  Jugend
  Minna Planer
  Jessie Laussot
  Mathilde Wesendonck
  Liebschaften
  Cosima
  Judith Gautier
  Carrie Pringle

Freunde
  Franz Liszt
  Hans von Bülow
  Ludwig II.
  Friedrich Nietzsche
  Theodor Apel
  Heinrich Laube
  August Röckel
  Michail Bakunin
  Samuel Lehrs
  Heinrich Heine
  Gottfried Semper
  Wilhelmine Schröder-Devrient
  Eliza Wille
  Malwida von Meysenbug

Familie
Kinder

Die jüdische Frage
  Giacomo Meyerbeer
  Maurice Schlesinger
  Heinrich Heine
  Samuel Lehrs
  Jacques Fromental Halévy
  Felix Mendelssohn Bartholdy
  Heinrich Porges
  Jacques Offenbach
  Eduard Hanslick
  Carl Tausig
  Joseph Rubinstein
  Hermann Levi
  Alfred Pringsheim
  Angelo Neumann
  Der fliegende Holländer
  Alberich
  Mime
  Beckmesser
  Kundry

Lebensorte
  Leipzig
  Dresden
  Schweiz
  Paris
  Wien
  
München
  Bayreuth

  Venedig

 
 
 
WAGNERS BIOGRAFIE    SYNCHRONIK    THEATERSTÜCK    AUSSTELLUNG 

Jessie Laussot (1829 – 1905)

 Jessie Laussot
   
  Jessie Laussot im Alter
   
  Jessie Laussot und Hans von Bülow
   
  Jessie Laussot (vermutlich 1879) mit
Hans von Bülow und ihrem zweiten Mann,
dem Essayisten Karl Hillebrand
   

1848 lernte Wagner Jessie Laussot, geb. Taylor, kennen, die mit dem reichen Weinhändler Eugene Laussot in Bordeaux verheiratet war. Sie war eine begeisterte Wagnerianerin der ersten Stunde und trotzte der Familie ihres Mannes finanzielle Unterstützung für Wagner ab. Die 22jährige Jessie und Wagner begannen eine ebenso leidenschaftliche wie aussichtslose Affäre. Beide waren unglücklich verheiratet, Wagner mit Minna Planer, von der er sich unverstanden fühlte, Jessie mit einem Mann, der zuvor der Liebhaber ihrer Mutter war. Ein Fluchtplan Wagners und Jessies nach Griechenland oder Kleinasien zerschlug sich, und nachdem Jessie ihrer Mutter und diese daraufhin ihrem Schwiegersohn das Verhältnis entdeckt hatte, endete die Romanze mit einer Duellforderung des gehörnten Ehemannes, der schließlich wenigstens davon abzubringen war, Wagner eine Kugel durch den Kopf zu schießen.

Wagner resümierte die Beziehung ausführlich in einem Brief an seine mütterliche Freundin und Gönnerin Julie Ritter vom 26. und 7. Juni 1850: „Ich habe [...] in Ihre Hände hiermit das Testament einer liebe niederzulegen, deren ich mich nie schämen werde, und die, wenn auch leiblich tot, bis an mein Lebensende mich selbst vielleicht mit freudiger Erinnerung und beglückender Nachempfindung erfüllen wird. [...] Hätten Sie diesem Jubel der liebe zusehen können, der aus allen nerven dieses reichen seligen Weibes hervorbrach, als sie mir — nicht gestand — sondern ganz durch sich selbst, durch das unwillkürliche, helle und nackte erscheinen der liebe kundtat‚ dass sie mein sei! O hätten Sie zeuge dieser Freude, dieser frohen Wonne sein können, die sich in allen fasern dieses Wesens, von der Regung der Fingerspitze bis zur feinsten Thatigkeit des Verstandes, leben verschaffte, als das jugendliche Weib mir vielgeprüften, lebensunfrohen Manne entgegenleuchtete [...] Sie war nur liebe: dem Gotte der liebe weihten wir uns, und verachteten alle Götzen dieser elenden Welt so stark, dass wir sie nicht einmal der Erwähnung würdigten. [...] Nun denn, die einzige kraft, die ihr helfen konnte, hat sie verlassen und verrathen, — die kraft ihrer liebe! Sie ist sich selbst verloren, denn — sie ist schwach! Das Weib, das mir Erlösung bringen wollte, hat sich als Kind bewährt! [...] Nein! Wir wollen sie nicht schmähen, die tote — die gemordete —‚ denn sie war — die liebe! Nie, theure Mutter, werde ich dieser liebe mich schämen: ist sie verblichen und bin ich fest überzeugt, dass sie nie sich wieder beleben kann, so war ihr Kuß doch der reichste Genuß meines Lebens! Nicht ehre, nicht Glanz noch Ruhm könnten mir je diesen Genuß aufwiegen. — Leb wohl, du schöne, selige! Du warst mir über alles theuer, und nie will ich dich vergessen! Leb wohl! — —”

Jessie ist zweiundzwanzig, hübsch und sehr durstig. Wagner lehrt die kleine Näschrige: »Das Glück des Menschen besteht im Genuss«; »wer sich nicht freuen kann, den schlagt tot.« Er lässt Beethoven-Sonaten spielen und bringt das schmale Pflänzchen mitten in einer Dürre zum Blühen. Und erblüht selbst im Jubel der Liebe, der, nach seinen Worten, aus allen Nerven dieses reichen seligen Weibes hervorbricht ‚ . . Im Salon der Madame Jean-Louis Barckhausen findet man allerdings diesen Gott des Frühlings »parfaitement désagréable«.

»Das Weib erhält volle Individualität erst im Moment der Hingebung«‚ philosophierte Wagner, »es ist das Wellenmädchen, das seelenlos durch die Wogen seines Elementes dahinrauscht, bis es durch die Liebe eines Mannes erst die Seele empfängt« Nun war Jessie, die Erlöserin, auch noch Individualität und beseeltes Wesen geworden; und der Schöpfer wartete jetzt auf das Geschöpf, das ihn erlösen sollte. Leider vertraute sich die kleine Jessie ihrer Mutter an. Und Mrs. Taylor gab das Geheimnis dem Schwiegersohn preis. Der junge, liebenswürdige Mann, der vor wenigen Wochen mit einer unbeschreiblichen Freude Wagner als Gast willkommen geheissen hatte, schwor, dem Verführer nachzureisen, um ihm eine Kugel durch den Kopf zu jagen. Wagner schrieb seinem Mäzen einen Brief, der ihn belehren sollte, dass man eine Frau, die von einem nichts mehr Wissen wolle, auch nicht zurückzuhalten habe. Außerdem bat er Laussot um ein Treffen in Bordeaux. Drei Tage später wartete Wagner im »Hôtel Quatre Soeurs«, statt Laussot trat jedoch ein Polizei-Kommissar auf, der ihn aufs Amt beschied, er musste binnen 48 Stunden die Stadt verlassen. Wagner schlich sich jetzt in das Haus der Laussots ein und deponierte für Jessie ein Schreiben, das sie aufforderte, sich von ihrem Manne zu trennen, der sich nicht scheue, seine Frau mit Hilfe einer Anzeige an die Polizei festzuhalten. Dann reiste er ab.

Bald hielt Jessie auch einen Brief von Wagners Frau Minna in Händen, die man inzwischen von dem »beabsichtigten Ehebruch« unterrichtet hatte. Sie hatte inzwischen eine neue Wohnung am Zürcher See eingerichtet und harrte seiner. Ändern sich die Zeiten und Verhältnisse, hatte er ihr vor Wochen geschrieben, so haben wir die Hoffnung, uns wieder zu sehen. Die Zeiten und Verhältnisse hatten sich sehr schnell geändert.

Bald darauf näherte sich jedoch eine deutsche Jessie Wagners Altar. Sie hieß Mathilde Wesendonck.