Heinrich Heine
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Heinrich Heine |
Schriftsteller, Journalist
* 13. Dezember 1797, Düsseldorf / † 17. Februar 1856, Paris
Richard Wagner lernte die Schriften Heinrich Heines bereits im Jahr 1831 durch seinen Studienfreund Schröter kennen. Heine galt zu dieser Zeit nicht nur in Deutschland, sondern auch im europäischen Ausland als einer der einflussreichsten jungen Autoren. Zu diesem Zeitpunkt waren sein „Buch der Lieder“ und die „Reisebilder“ bereits erschienen. Heine emigrierte jedoch 1831, begeistert von der Juli-Revolution, nach Paris. Wagner schrieb 1851 rückblickend: „Die Sehnsucht, die sich nirgends im Leben stillen konnte, fand (wieder) ideale Nahrung durch die Lektüre von Heinses ‚Ardinghello’ sowie die Schriften Heines und anderer Glieder des damaligen Literaturdeutschlands.“
1834 erschien Heinrich Heines Erzählung „Aus den Memoiren des Herren von Schnabelewopski", darin das 7. Kapitel mit der Sage des Fliegenden Holländers. In Heines Erzählung sieht Schnabelewopski das Stück vom Fliegenden Holländer in einem Theater in Amsterdam. Während auf der Bühne das Ideal der Treue bis in den Tod dargestellt wird, sucht Schnabelewopski den intimen Kontakt zu einer schönen Holländerin. Mit ihr verlässt er das Theater und verpasst daher den zweiten Akt des Stückes. Erst zur Schlußszene kommt er in das Theater zurück.
Wagner kannte die Erzählung möglicherweise bereits durch einen Artikel von Heinrich Laube in der „Zeitung für die elegante Welt“ in Leipzig. Nach der Darstellung in „Eine Mittheilung an meine Freunde“ (1851) jedoch befasste sich erstmals während seines Aufenthalts in Riga mit dem Text: „In dieser Zeit lernte ich bereits den Stoff des ‚fliegenden Holländers’ kennen; Heine erzählte ihn gelegentlich einmal, als er einer Aufführung gedenkt, der er von einem aus diesem Stoffe gemachten Theaterstücke in Amsterdam - wie ich glaube - beiwohnte. Dieser Gegenstand reizte mich, und prägte sich mir unauslöschlich ein: noch aber gewann er nicht die Kraft zu seiner nothwendigen Wiedergeburt in mir“. In seiner Autobiographie „Mein Leben“ (1879) hat Wagner dagegen den starken Einfluss Heines auf seine Oper nicht mehr ausdrücklich erwähnt. Er schrieb lediglich: „Auf der Seefahrt nach England, an der skandinavischen Küste, war mir durch Schiffer die merkwürdige Sage des ‚fliegenden Holländers’ bekannt geworden.“
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Les deux grenadiers
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Pierre-Louis Dietsch
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Nachdem Wagner 1839 in Paris eingetroffen war, suchte er sofort Kontakt zu Heinrich Heine. Wagner erhoffte sich von ihm - wie auch von Giacomo Meyerbeer - Unterstützung und Förderung, um sich in Paris als Komponist zu etablieren. Er vertonte Heines Gedicht „Die Grenadiere“, das er dafür aus dem Deutschen ins Französische übersetzen ließ. Wahrscheinlich ist auch, dass er Heine um Geld bat.
In Paris verfasste Wagner einen ersten Entwurf des Librettos zum „Fliegenden Holländer“. In seiner „Autobiographischen Skizze“ (1871) schrieb Wagner: „Besonders die von Heine erfundene dramatische Behandlung der Erlösung dieses Ahasverus des Ozeans gab mir alles an die Hand, diese Sage zu einem Opernsujet zu benützen. Ich verständigte mich darüber mit Heine selbst, verfaßte den Entwurf und übergab ihn dem Herrn Pillet, mit dem Vorschlag, mir danach ein französisches Textbuch machen zu lassen.“ Leon Pillet war einer der Direktoren der Pariser Oper, dem Wagner für 500 Franc seinen Entwurf verkaufte, nachdem er mit dem Versuch gescheitert war, einen Kompositionsauftrag für den Stoff zu erhalten. Zu einer Oper vertont wurde der „Fliegende Holländer“ schließlich als „Le vaisseau fantôme, ou Le maudit des mers“ vom französischen Komponisten Pierre-Louis Dietsch. Das Libretto von Paul Foucher und Henry Révoil war jedoch keine Übersetzung von Wagners Text, sondern verwendete lediglich das Sujet. Wagner war an dieser Oper, die am 9. November 1842 Premiere hatte, somit nicht beteiligt.
Über die Uraufführung des „Holländer“ von Dietsch veröffentlichte Heine 1843 anonym eine Rezension in der „Augsburger Allgemeinen Zeitung“: „Der fliegende Holländer von Dietsch ist seitdem traurig gescheitert; ich habe diese Oper nicht gehört; nur das Libretto kam mir zu Gesicht und mit Widerwillen sah ich, wie die schöne Fabel, die ein bekannter deutscher Schriftsteller fast mundgerecht für die Bühne ersonnen, in dem französischen Text verhunzt worden“.
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Fliegender Holländer |
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Fliegender Holländer
Bild d. Kapitäns |
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Der fliegende Holländer
Sentas Erzählung |
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Der fliegende Holländer. Schluss der Orchesterskizze. Meudon, 22. August 1841 |
Erst 20 Jahre später sollten sich Dietsch und Wagner in Paris begegnen: Pierre-Louis Dietsch war der Dirigent des „Tannhäuser“ bei der Skandal-Aufführung 1861. Hauptgrund dafür war, dass Wagner bei der Bearbeitung seiner Oper als Zugeständnis an den Geschmack des französischen Publikums zwar eine Balletteinlage einbaute, aber untypischerweise gleich zu Beginn der Oper, und nicht wie in französischen Opern in dieser Zeit üblich, im zweiten Akt. Daraufhin wurden von bestimmten „Clubs“ die Aufführung mit Trillerpfeifen und Zwischenrufen gestört. Entnervt zog Wagner nach der dritten Aufführung das Werk zurück und gab Dietsch anschließend die Hauptschuld am Scheitern dieser Aufführung, da er sich geweigert hatte, Wagner zu den Proben hinzuzuziehen.
Über Wagner schrieb Heinrich Heine: „Welche traurigen Erfahrungen mußte Herr Richard Wagner machen, der endlich, der Sprache der Vernunft und des Magens gehorchend, das gefährliche Projekt, auf der französischen Bühne Fuß zu fassen, kläglich aufgab und nach dem deutschen Kartoffelland zurückflatterte". Später hat sich Heine nicht mehr explizit zu Wagner geäußert.
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1850 Das Judenthum in der Musik (Neue Zeitschrift für Musik) |
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1850 aber benutzte Wagner in seiner antisemitischen Schrift „Das Judenthum in der Musik“ Heine als ein Exempel für den künstlerischen Verfall, der den Erfolg eines Juden erst möglich gemacht hat: „Ich sagte oben, die Juden hätten keinen wahren Dichter hervorgebracht. Wir müssen nun hier Heinrich Heine’s erwähnen. Zur Zeit, da Goethe und Schiller bei uns dichteten, wissen wir allerdings von keinem dichtenden Juden: zu der Zeit aber, wo das Dichten bei uns zur Lüge wurde, unserem gänzlich unpoetischen Lebenselemente alles Mögliche, nur kein wahrer Dichter mehr entsprießen wollte, da war es das Amt eines sehr begabten dichterischen Juden, diese Lüge, diese bodenlose Nüchternheit und jesuitische Heuchelei unserer immer noch poetisch sich gebaren wollenden Dichterei mit hinreißendem Spotte aufzudecken.“ |