Maurice (Moritz) Schlesinger
Verleger
30. Oktober 1798, Berlin / † 25. Februar 1871, Baden-Baden
Maurice Schlesinger wurde als Sohn des jüdischen Verlegers Adolf Martin Schlesinger in Berlin geboren. Seinen jüdischen Vornamen Mora Abraham änderte er in Moritz, später in Maurice. Er arbeitete zunächst im Verlagsgeschäft seines Vaters. Schlesinger war der Originalverlag von Carl Maria von Weber, der seit 1814 durch einen Vertrag mit Schlesinger eng verbunden war. 1819 reiste Maurice Schlesinger zu Beethoven nach Wien und erwarb die Veröffentlichungsrechte für dessen letzte Klaviersonaten sowie die späten Bagatellen. Weitere bedeutende Komponisten im Verlag Schlesinger waren Gaspare Spontini, Luigi Cherubini und Felix Mendelssohn Bartholdy. Das Berliner Verlagshaus hatte seinen Sitz in einem eigenen Geschäftshaus Unter den Linden; die prachtvolle Inneneinrichtung der Musikalienhandlung gestaltet Karl Friedrich Schinkel.
1821 ließ sich Maurice Schlesinger in Paris nieder und eröffnete seinen eigenen Verlag. Er gründete die Zeitschrift "Revue et gazette musicale" und erlangte damit großen Einfluss auf das Musikleben in Frankreich. Schlesinger war Verleger der Bühnenwerke Giacomo Meyerbeers ("Robert der Teufel", "Hugenotten"), an dessen Erfolgen er maßgeblichen Anteil hatte. 1835 erwarb Schlesinger die Rechte an Jacques Fromental Halevys Oper "Die Jüdin" und verhalf dem bislang unbekannten Halevy zum Durchbruch. Schlesinger heiratete die Französin Elisa Foucault und konvertierte zum Christentum.
Auf Vermittlung Meyerbeers erhielt Wagner während seines ersten Aufenthaltes in Paris (1839-1842) regelmäßig Auftragsarbeiten des Verlags. Wagner erstellte Klavierauszüge und er durfte in der Hauszeitschrift des Verlags "Revue et gazette musicale" eine Artikelserie publizieren. Hier erschienen Wagners theoretische Arbeiten, u.a. "Ein Pilgerfahrt zu Beethoven", "Über deutsches Musikwesen", "Der Virtuos und der Künstler", "Der Künstler und die Öffentlichkeit". 1871 veröffentlichte Wagner diese Beiträge in seinen "Gesammelten Schriften und Dichtungen" unter dem Titel "Ein deutscher Musik in Paris. Novellen und Aufsätze". Schlesinger war in Paris auch als Konzertveranstalter tätig und er forderte Wagner auf, für ein von ihm organisiertes Konzert ein Orchesterstück zu liefern. Wagner konnte jedoch keine neuere Komposition vorlegen und entschied sich für seine ältere Ouvertüre aus der Schauspielmusik zu "Columbus", die er bereits 1835 in Magdeburg uraufgeführt hatte. Über dieses Konzert, die einzige öffentliche Aufführung seiner Musik in Paris in diesen Jahren, schrieb Wagner in seiner Autobiographie "Mein Leben":
"Am Abend der Aufführung (4. Februar 1841) schien das Publikum, zum größten Teil aus
Abonnenten der ´Gazette musicale´, somit aus Kennern meiner Novelle bestehend, nicht ungünstig für
mich gestimmt zu sein. Man versicherte mir auch, daß meine Ouvertüre, selbst wenn sie alle Welt gelangweilt hätte, dennoch gewiß applaudiert worden wäre, wenn nicht die unglücklichen Trompeter durch regelmäßiges Umschlagen des Tones auf der effektvollen zarten Note das Publikum, welches in Paris gemeiniglich nur dem virtuosen Teile der Leistung, z.B. dem Glücken gewisser gefährlicher Tone, mit Aufmerksamkeit folgt, zu nur mühsam unterdrücktem Unwillen gereizt hätten. Ich verbarg mir nicht, daß ich durchgefallen sei, daß nach dieser Kalamität Paris für mich nicht mehr existiere und ich für jetzt nichts weiter zu tun habe, als in mein universelles Schlafzimmer mich von neuem zum Arrangement Donizettischer Opern einzuschließen".
Schlesinger war der einzige Arbeitgeber Wagners in Paris und ermöglichte Wagner damit eine bescheidene Existenz. Er bezahlte seine Honorare regelmäßig und gewährte auch Vorschüsse. Erstaunlich bleibt, dass er kein besonderes Interesse an den Kompositionen Wagners zeigte und ihn nicht in sein Verlagsprogramm aufnahm. Wagner äußerte sich auch in späteren Jahren nie bösartig über Schlesinger. Als Wagner 1842 nach Deutschland zurückgekehrt war, bekundete er in einem persönlichen Brief an Schlesinger seine Dankbarkeit. Schlesinger zog sich bereits 1846 aus dem Verlagsgeschäft vollständig zurück. Gustav Flaubert porträtierte in seinem Roman "Die Erziehung der Gefühle" Gustav Schlesinger in der Figur des Verlegers und Porzellan-Händlers "Jacques Arnoux". |