Amalie Lehmann
Für das Frühlingserwachen des 13jährigen Richard Wagner war 1826 die kleine Amalie Lehmann in Dresden verantwortlich. In seiner Autobiographie Mein Leben schrieb er: „Nach der zarteren Seite hin trat wiederum der Einfluß des weiblichen Elementes in bisher nicht gekannter Weise hervor; erwachsene Töchter und deren Freundinnen erfüllten oft die dürftigen engen Räume. Meine ersten Erinnerungen an knabenhafte Verliebtheit fallen in diese Zeit. Ich entsinne mich, dass ein sehr schönes, wohlerzogenes junges Mädchen, wenn ich nicht irre, Amalie Hoffmann [sic! Irrtum Wagners] mit Namen, als sie, wie es ihr nur selten möglich war, des Sonntags in sauberem Putze zum Besuch in das Zimmer trat, mich bis zu lange dauernder Sprachlosigkeit in Erstaunen versetzte. Andere Male entsinne ich mich besinnungslos Schläfrigkeit geheuchelt zu haben, um von den Mädchen unter Bemühungen, welche dieser Zustand nötig zu machen schien, zur Ruhe gebracht zu werden, weil ich einst zu meiner aufregenden Überraschung bemerkt hatte, dass ein ähnlicher Zustand mich in eine mir schmeichelnde unmittelbare Berührung mit dem weiblichen Wesen brachte.”
Leah David (1813 – ?)
Die schöne Jüdin Leah David war Richard Wagners erste Liebe. Sie war eine
frühreife, sanft verführende, voll erblühte orientalische Schönheit und die
Tochter eines jüdischen Bankiers in Leipzig, für die der 15jähriger Wagner
1828 wild entflammte. Die gleichaltrige Leah stand, da ihre Mutter früh
gestorben war, als einziges Kind dem sehr geselligen Haus des Vaters vor und
war eine Freundin von Wagners älterer Schwester Luise, die kurz zuvor ihre
Bühnenlaufbahn aufgegeben und den Verleger Friedrich Brockhaus geheiratet
hatte. In deren Haus sah Wagner eines Tages einen großen, prachtvollen Hund
(Wagner war bis an sein Lebensende ein Hundeliebhaber), als dessen Besitzerin
sich Leah erwies, in deren Haus er alsbald sehr viel und immer feuriger verkehrte. Die
Schwärmerei nahm ein Ende, als Leahs Cousin und zukünftiger Bräutigam
auftauchte, ein Pianist, gegen den Wagner sich rüde und unhöflich benahm,
was ihn im Hause David unwillkommen machte.
Leah David wurde so zum Urbild einer Reihe angebeteter, aussichtslos
geliebter, unerreichbarer weiblicher Wesen in Wagners Leben, wie später auch
Jessie Laussot oder Mathilde Wesendonck, denen sich auf anderer Ebene seine
handfesten sexuellen Verhältnisse beigesellten. Die Nichtbeachtung durch Leah David und die Ablehnung durch ihre Familie könnte aber auch eine der
frühesten Wurzeln von Wagners Antisemitismus gewesen sein.
Marie Löw (1807–1883)
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Marie Löw |
Eine jugendliche Zuneigung Wagners zu der jungen Sängerin und Harfenistin Marie Löw fällt in das Jahr 1831. Marie Löw lernte Richard Wagner in Leipzig kennen. Ihre Tochter Lilli erinnert sich: "Er war täglich bei den Geschwistern Loew zu Gaste und brachte Marie all seine schweren, unsanglichen Jugendkompositionen. Emilie, »die Polizei«, schickte ihn fort, wenn er es zu toll trieb und Marien den Hof machte; doch ließ er sich durch die Hinauswürfe nicht schrecken und kam tagtäglich wieder. Er selbst nannte Marie Loew in späteren Jahren noch seine »erste Flamme« und erinnerte sich vieler Szenen, die ihr selbst schon längst entfallen waren. Jedenfalls ging's heiter zu, wenn er bei ihnen war."
Beide begegneten sich 1836 in der Magdeburger Zeit wieder, wo Marie Loew unter seiner Direktion und auch mit Wilhelmine Schröder-Devrient »Norma« und »Romeo und Julia« sang, und wo sich folgende Episode ereignete: Marie Loew, die sich als Desdemona in Rossinis »Othello« das Weidenlied im letzten Akt selbst auf der Harfe begleitete, sprach während der Aufführung von der Bühne herab mit Wagner, da es im Orchester drunter und drüber ging. Als sie sah, dass Wagner zurückblätterte, während das Orchester schon weit voraus war, rief sie ihm von oben zu: »Weiter, weiter!«. Das Publikum verstand »Feuer, Feuer« und floh von seinen Plätzen. Eine Panik entstand, doch wurden die Zuschauer alsbald beruhigt, und die Oper konnte weitergespielt werden. In Königsberg wieder zusammen engagiert, verkehrte Marie Löw freundschaftlich mit Wagner und seiner Frau, Minna Planer. Wagner traf sie später bei einem Konzertgastspiel in Prag wieder, wo sie im Orchester die Harfe spielte. Ihre Töchter Marie und Lilli Lehmann wirkten 1876 bei den ersten Bayreuther Festspielen mit.
Jenny Raymann
In die uneheliche Tochter des Grafen Johann Joseph Pachta von Rájov auf Pravonin verliebte Wagner sich während seiner Reise nach Prag 1827 und kam ihr 1832 näher. „Denke Dir unter Jenny ein Ideal von Schönheit, und meine glühende Fantasie, so hast Du alles”‚ schrieb er an seinen Freund Theodor Apel über die weithin berühmte Schönheit. Wagner gab Jenny und ihrer Schwester Auguste Klavierunterricht Jenny jedoch maß dem Flirt keine besondere Bedeutung bei, sondern bereitete sich — ebenso wie ihre von Wagner ebenfalls nicht gleichgültig betrachtete Schwester — auf eine Standesheirat vor. Neben einer Vielzahl adliger, doch, wie er fand, hohlköpfiger Kavaliere in die Rolle eines aussichtslosen Bewerbers gedrängt, fühlte Wagner sich an „satanische Buhlschaften” aus E. T. A. Hoffmanns Erzählungen erinnert: „Alles was namentlich in einigen Hoffmanschen Erzählungen von gewissen satanischen Buhlschaften mir bis dahin einen unverständlichen Eindruck gemacht hatte, ward hier schrecklich lebendig in mir, und ich verließ Prag mit einer offenbar übertriebenen und ungerechten Meinung von den Dingen und Personen, die mich zum erstenmal in einen Kreis von bis dahin noch unbekannten leidenschaftlichen Empfindungen hineingezogen hatten” (Mein Leben). Wagner musste schließlich eine schmerzliche Enttäuschung hinnehmen und zurück in Leipzig schrieb er an Apel: ”Sie war meiner Liebe nicht wert!” Die Geschehnisse inspirierten ihn zu einer Oper, „Die Hochzeit“ und er schrieb ein Ritterdrama von erzwungener Heirat, Todessturz des heimlich Geliebten, Rachegeschrei und Wahnsinnsausbruch, ein „Nachtstück schwärzestzer Farbe“. Dazu komponierte er die erste Szene: Introduktion, Chor und Septett.
Therese Ringelmann
Therese Ringelmann war eine junge Choristin im Würzburger Opernchor, dessen Direktor Wagner seit 1833 war. Sie nahm Unterricht bei Wagner "nach einer mir bis jetzt noch unklar gebliebenen Methode" (Mein Leben). Sie war die Tochter eines Totengräbers, und er hielt die Liebschaft vor seinen Freunden geheim. Als sie Wagner — wohl mit Heiratsabsichten — zu einer ernsthaften Liebeserklärung drängte und Wagner sich ihr gegenüber erklären sollte und außerdem Grund zur Eifersucht zu haben glaubte, brach er das Verhältnis zu der geistig etwas beschränkten Unterfränkin ab, löste dieser das Verhältnis.
Friederike Galvani
Friederike Galvani war italienischer Abkunft und mit dem Oboisten des Würzburger Theaterorchesters verlobt. Von den schwarzen Augen Friederikes ermutigt und vom Frankenwein erhitzt, spannte Wagner das Mädchen bei einer Bauernhochzeit dem Musiker aus und fühlte sich geschmeichelt, als dieser tatenlos zusah und sich abzufinden schien. Es vermittelte ihm zum ersten Mal in seinem Leben "ein schmeichelhaftes Selbstgefühl" (Mein Leben). Nur kam die Familie Galvani merkwürdigerweise nie auf den Gedanken, daß der junge Chordirektor etwa an die Stelle des Bräutigams treten solle. Wagner blieb der geduldete Liebhaber, und da dies wohl nicht das rechte Stück war, die Rolle des geschädigten Dritten zu inszenieren, ließ er die Zwiespältigkeit des Verhältnisses auf sich beruhen und stahl sich beim Fortgang aus Würzburg mit einem tränenreichen Abschied aus der nirgendwo Anstoß erregenden Beziehung davon.
Bei einem kurzen Aufenthalt in Würzburg sah er Friederike Galvani 1835 wieder. Der Oboist war ihr treu geblieben; ohne ihn jedoch heiraten zu können, war sie inzwischen mit dem Kind eines Bauernburschen niedergekommen. |